Tipps zum Kräutersammeln

Voraussetzungen

Kräuterwanderung

Man sammelt nur Kräuter, die man 100%ig kennt. Das ist zum einen wichtig, damit keine giftigen Pflanzen im Kräuterkorb landen. Zum anderen dürfen nicht versehentlich geschützte oder gefährdete Arten abgepflückt werden. Das Sammeln in Naturschutzgebieten ist ebenfalls tabu. Eine gute Möglichkeit, sich zu informieren, bietet eine Kräuterwanderung.

Selbstverständlich sollte man nur so viele Kräuter sammeln, wie man wirklich benötigt und verarbeiten kann. Zudem nimmt man nur einen kleinen Teil des Bestandes einer Pflanzenart mit, damit diese sich an dem Standort erhalten kann.

Ideal zum Sammeln sind möglichst extensiv bewirtschaftete Wiesen, wenig begangene Gebüsch- und Waldränder, einsame Waldpfade sowie Schuttplätze und Ödflächen. In einem eigenen naturnahen Garten lassen sich auch viele Wildkräuter leicht ansiedeln und sind dann schnell griffbereit.

Kräutersammeln

Ein Grund, warum das Sammeln von Wildbeeren und Kräutern für lange Zeit tabuisiert wurde, ist der Fuchsbandwurm. Eine Ansteckung mit diesem Parasiten ist zwar sehr selten, aber lebensgefährlich. Heutige Studien belegen jedoch, dass kein erhöhtes Risiko durch den Verzehr von Wildpflanzen besteht. Ich persönlich wasche trotzdem sowohl Kultur- als auch Wildpflanzen möglichst gründlich ab, um das Risiko einer Krankheitsübertragung zu minimieren. Einfrieren hilft gegen den Fuchsbandwurm übrigens erst bei -80°C. Beim Erhitzen über 70°C wird der Parasit zwar abgetötet, aber dadurch gehen auch viele wertvolle Inhaltsstoffe verloren.

 

Utensilien

Taubnessel-Schössling

Beim Sammeln kann man die Pflanzen entweder mit Daumen und Zeigefinger abzwicken bzw. eine Schere oder ein Messer benutzen. Die Hauptsache ist, man reißt nicht an den Pflanzen, damit sie nicht beschädigt oder ausgerissen werden.
Ich persönlich sammle Kräuter am liebsten in einen Korb, den ich mit einem Tuch abdecke. Dann schwitzen oder welken sie nicht. Außerdem kann ich sie so häufchenweise sortenrein trennen. Für spontanes Sammeln habe ich auch meistens kleine Tüten einstecken, die ich öfter wiederverwende.
Eine lange Hose und geschlossene Schuhe ziehe ich beim Kräutersammeln eigentlich immer an, um das Risiko eines Zeckenbisses zu reduzieren. Das schützt auch gleichzeitig vor hautreizenden Pflanzen.
Ein Bestimmungsbuch kann ebenfallls nicht schaden, denn man lernt nie aus und kann immer wieder neue Pflanzen entdecken.

 

Optimaler Zeitpunkt zum Sammeln

Möchte man möglichst viele Inhaltsstoffe in den Kräutern erhalten, ist der Erntezeitpunkt wichtig. Ideal ist das Sammeln bei schönem, trockenem Wetter. Jedoch enthalten die Pflanzen auch nach langen Trockenphasen weniger Inhaltsstoffe, weil sie stressgeplagt sind. Dann ist besser, erst wieder den nächsten Regen abzuwarten und nach mindestens einem regenfreien Tag zum Sammeln hinauszugehen.

Blätter sind i.d.R. vor der Blüte oder am Anfang der Blüte am gehaltvollsten.
Blüten werden meistens direkt nach dem Öffnen geammelt. Bei manchen Pflanzenarten werden aber auch späte Blüten gesammelt (z.B. Echte Kamille).
Früchte nimmt man idealerweise, wenn sie ganz reif sind.
Wurzeln werden üblicherweise außerhalb der Vegetationszeit (vom Spätherbst bis zum nächsten Frühjahr) gegraben.

Spitz-Wegerich (Blätter-Sammeln)
Echte Kamille (Vollblüte)
Kratzbeere
Kratzbeeren (reife Früchte)

 

Bei der Tageszeit kommt es darauf an, welche Inhaltsstoffe man benötigt.
Pflanzen mit ätherischen Ölen beerntet man idealerweise am späten Vormittag, sobald der Tau abgetrocknet ist. Im späteren Tagesverlauf sinkt der Gehalt an ätherischen Ölen, da die Pflanze sie als Verdunstungsschutz und zur Insektenanlockung abgibt.
Der Gehalt an Flavonoiden ist hingegen bei der stärksten Sonne (von 12 bis 14 Uhr) am höchsten, da diese Stoffe für die Pflanzen ein Sonnenschutz sind.
Bitterstoffe sind nachmittags am stärksten vorhanden.
Nitratreiche Pflanzen (z.B. Brennnessel, Guter Heinrich) werden am besten erst am Abend gerntet, da der Stickstoff in den Pflanzen im Lauf des Tages durch die Photosynthese abgebaut wird. Wurzeln enthalten morgens die meisten Wirkstoffe.

Ringelblume (reich an ätherischen Ölen)
Kanadische Goldrute (enthält u.a. Flavonoide)
Brennnessel (nitratreich)

 

Verarbeitung

Kranke, schmutzige oder abgestorbene Pflanzenteile sortiert man am besten gleich vor Ort aus, damit die Verarbeitung später schneller geht.  Zu Hause angekommen, werden die Kräuter nochmals verlesen, gründlich abgespült und trockengeschüttelt. Wenn man sie noch etwas feucht in Vorratsbehälter legt und im Kühlschrank aufbewahrt, halten sie sich einige Tage frisch.

 

Trocknung

Man sollte fürs Trocknen möglichst nur Sammelgut verwenden, das frei von Schmutz und Erde ist, damit man es nicht abwaschen muss. Dadurch wird nämlich der Trocknungsprozess verzögert und wertvolle Inhaltsstoffe gehen verloren. Leichte Verschmutzungen können mit einem Tuch oder einer feinen Bürste beseitigt werden.

Des Weiteren entfernt man vor dem Trocknen alle Pflanzenteile, die man nicht benötigt, z.B. harte Stängel. Die erwünschten Pflanzenteile lässt man ganz, um möglichst viele Inhaltsstoffe zu erhalten.

Die Trocknung erfolgt idealerweise an einem lichtgeschützten, über 20°C warmen, gut durchlüfteten Platz. Es ist sinnvoll, sie mit Namen und Datum zu beschriften, weil man sie nach dem Trocknen möglicherweise nicht mehr auseinanderhalten kann. Nach 7 bis 10 Tagen sollten die Kräuter rascheltrocken sein. Dauert das Trocknen sehr lange, dann ist der Ort vielleicht zu feucht oder nicht warm genug. In diesem Fall muss man mit einem höheren Qualitätsverlust rechnen. Platzsparend und effizient ist ein Trocknungsschrank mit mehreren Schubläden und Luftlöchern. Auch mit einem Dörrgerät oder einem Backofen kann man bei einer Temperatur von 25 bis 35°C sehr gute Trockenergebnisse erzielen.

Nach dem Trocknen werden die Pflanzenteile unzerkleinert in beschriftete Papiertüten, Stoffbeutel, Gläser oder Vorratsdosen gefüllt. Optimal für die Aufbewahrung ist ein dunkler, trockener und kühler Platz. Die Haltbarkeit beträgt etwa ein Jahr.

Dörrgerät (mit Linden-Blüten)
Mittlerer Klee
Getrocknete Blüten (Mittlerer Klee)

 

Quellennachweis

Literatur:
Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen: Bestimmen, sammeln und zubereiten. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2014.
Fleischhauer, S.: Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München 2014.
Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung: Eine Praxisanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2015.
Strauß, M.: Die 12 wichtigsten essbaren Wildpflanzen: Bestimmen, sammeln und zubereiten. Natur & Genuss. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2010.
Thaler Rizolli, S.: Mein Kräuterbüchlein: Heilkräutergeschichte, Inhaltsstoffe und Anwendung. GA – Service, Salzburg.

Sonstige Quellen
Klemme, B. u. Greiner, K.: Skripte-Arbeitsblätter: Gundermannschule, Qualifizierung Kräuterpädagoge (2015 – 2016).

Bildnachweis

Bild oben: Csilla Glozik
Übrige Fotos: S. u. H. Strüwing